Wenn’s nicht läuft – bleib dran!
Patienten, die glauben, eine bariatrische Operation alleine kann eine nachhaltig wirksame Therapie darstellen, werden häufig bereits nach einigen Jahren oder auch schon Monaten eines „Besseren“ belehrt. Dies zeigt die hohe Anzahl an Patienten, die mich und wohl auch viele andere Selbsthilfegruppen-Leiter, Administratoren (von Facebook-Gruppen oder -Seiten) oder auch Mediziner kontaktieren. Dabei ist der Inhalt dieser Nachrichten häufig ähnlich:
„Die Operation hat anfangs gut gewirkt, aber jetzt nehme ich wieder zu!“
Was differenziert, sind die Ursachen, die für diese Situation verantwortlich gemacht werden und wie mit ihnen umgegangen wird. Was die Patienten vereint, ist der erneute Leidensdruck und die Sorgen und Nöte, die mit diesem erneuten Gewichtsanstieg verbunden sind. Zu Recht, wie ich meine, denn besonders wenn Patienten die Vorzüge eines großen Gewichtsverlustes erleben durften, reift der feste Wille, nie wieder das gewonnene Plus an Gesundheit und Lebensqualität verlieren zu wollen.
Wie umgehen mit dieser schwierigen Situation und wen um Hilfe bitten?
Eine schwierige Frage, die sicher nicht immer einfach oder generell beantwortet werden kann. Zu unterschiedlich können die Ursachen für diesen negativen Therapieverlauf sein, aber auch zu unterschiedlich die Lebenssituation, in der sich die Betroffenen befinden. Dennoch habe ich auch selbst die Erfahrung sammeln können, dass einige Maßnahmen fast immer zielführend sind und helfen können, den Therapieverlauf positiv zu beeinflussen.
1. Nicht warten – handeln!
Es hilft nicht, von Woche zu Woche die negative Entwicklung deines Gewichtes oder deiner Gesundheit zu beobachten und dabei zu resignieren. Je schneller du handelst, umso größer ist die Chance, dass angebotene therapeutische Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden können. Reagiere also zeitnah auf eine negative Gewichtsentwicklung oder auch auf andere auffällige gesundheitliche Parameter.
2. Strategie statt Schnellschuss!
Zurückblickend muss fast jeder von uns einräumen, dass sich die Adipositaserkrankung meist über einen sehr langen Zeitraum entwickelt hat und es häufig nicht nur eine Ursache für seinen Verlauf gab. Somit solltest du auch akzeptieren, dass es teilweise sehr lange dauern kann, eine geeignete Strategie zu entwickeln, die dir langfristig hilft. Vermeide also einzelne Schnellschüsse, wie den überhasteten Entschluss zu einer weiteren Operation. Entwickle gemeinsam mit Medizinern eine Strategie, die Raum lässt für die Suche nach möglichen Ursachen und die unterschiedliche Therapieoptionen in die Strategie integriert.
2. Sei ehrlich zu dir und zu anderen!
Natürlich fällt es schwer, auch das eigene Verhalten für den negativen Verlauf einer Therapie verantwortlich zu machen. Aber häufig hat sich unser Ess- bzw. Trinkverhalten verändert und auch die Bewegungsweise sollte kritisch geprüft werden. Wer dies für sich erkennt, sollte ehrlich damit umgehen und dieses auch gegenüber den Medizinern und Therapeuten kommunizieren. Das ist natürlich nicht immer einfach, aber so gibst du dir und den beteiligten Personen die Möglichkeit, schnell und zielgerichtet zu helfen.
4. Ihre Lösung ist nicht immer deine!
Natürlich ist es sinnvoll, sich auch mit anderen Adipositaspatienten über die schwierige Situation auszutauschen. Häufig trifft man in einer Selbsthilfegruppe, aber auch in den sozialen Netzwerken, auf Menschen, die Dich unterstützen können. Aber bitte reagiere kritisch auf medizinische oder therapeutische Empfehlungen von Menschen, die deine individuelle Situation nicht genau kennen oder einschätzen können. Bedenke, dass ihre Situation häufig nicht mit deiner individuellen Situation vergleichbar ist. Die Therapieentscheidung bedarf immer einer genauen Anamnese und einer Reihe von Voruntersuchungen.
5. Mach dich nicht klein!
Nicht immer ist das eigene Verhalten für die negative Entwicklung verantwortlich. Aber selbst wenn. Niemandem ist geholfen, wenn du dich mit Selbstvorwürfen klein machst oder sogar sozial zurückziehst. Du selbst kannst dafür sorgen, dass sich deine Situation verbessert und dass du bald positiver in Richtung Zukunft blickst. Der Rückzug in die eigenen vier Wände, das Den-Kopf-in-den-Sand-stecken, verschlimmert deine Situation, statt sie zu verbessern.
Ich selbst war häufig nach meiner Magenbypass-Operation im Jahr 2001 in einer Situation, in der ich wieder an Gewicht zugelegt und sich auch meine gesundheitliche Situation deutlich verschlechtert hatte. Rückblickend muss ich einräumen, dass auch mein eigenes Verhalten, der zu laxe Umgang mit der Einnahme von Nährstoffen oder der Wahrnehmung von Nachsorgeterminen, wesentliche Ursachen hierfür waren. Zudem begleitet mich seit 15 Jahren auch immer mal wieder das Thema Alkohol, das mal weniger, mal mehr in den Vordergrund rückt und meinen Therapieverlauf stark beeinflusst. Dennoch schaffe ich es immer wieder auf die Spur, wenn ich diese hier genannten Punkte beherzige.
Wir sollten akzeptieren, dass eine lebenslange Therapie von Höhen und Tiefen gezeichnet ist und dass es an uns ist, mit dafür zu sorgen, dass mehr Licht als Schatten unseren Kampf gegen diese chronische Stoffwechselerkrankung begleitet.
Faris Abu-Naaj
für Adipositas München
Foto: © Pixabay
Ich habe auch leider wieder 20 kg zugenommen, nach der Bypass OP 2013. Ich würde gerne darüber reden und mir Hilfe holen, aber ich schäme mich vor den Ärzten.
Sicher eine schwierige Situation, unter der viele Adipositaspatienten leiden. Jedoch gibt es auch hier einige Lösungsansätze. Gerne können Sie in unserem Zentrum einen persönlichen Beratungstermin mit uns ausmachen. Zum Schämen besteht kein Grund – Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die eine lebenslange Nachsorge erfordert. Senden Sie gerne eine Mail an info@adipositas-muenchen.de