Über Misserfolge sprechen – ein wichtiges Element der erfolgreichen Adipositastherapie

Über Misserfolge sprechen – ein wichtiges Element der erfolgreichen Adipositastherapie

Ein Leben mit einer chronischen Erkrankung ist in vielerlei Hinsicht kein leichtes Leben. Adipositas ist eine gravierende Krankheit, die in fast alle Bereiche des Lebens eingreift und an der viele Patienten physisch und psychisch erheblich leiden. Das steigende Gewicht behindert die Mobilität und immer neue misslingende Abnehmversuche schaden dem Selbstwertgefühl und verstärken die Verzweiflung.

Leider habe ich den Eindruck, dass diese Probleme in den sozialen Netzwerken häufig ausgeblendet oder sogar tabuisiert werden. Es ist viel einfacher, Posts zu verfassen, die unsere Siege und Erfolge darstellen, als unser Misslingen einzugestehen. Zugegeben, auch diese positiven Beiträge haben eine wichtige Funktion, denn viele Patienten werden durch die einzelnen Vorher-Nachher-Bilder oder Darstellungen von Erfolgsgeschichten motiviert und zum Handeln aufgefordert. Anderseits kann ein fehlerhafter Vergleich mit anderen Patienten auch zu Frust führen.

Adipositaspatienten sollten motiviert werden, offen über Probleme oder Ängste zu sprechen

Ich bin davon überzeugt, dass viele Adipositaspatienten mehr motiviert werden sollten, offen über ihre Probleme oder Ängste zu sprechen. Dies ist nicht nur für den Betroffenen selbst wichtig und hilfreich, sondern kann auch vielen anderen Menschen helfen, die sich in der geschilderten Situation wiederfinden oder ähnliche Probleme haben. Warum dies häufig nicht geschieht, liegt sowohl an den Betroffenen selbst als auch an Menschen, die anscheinend immer dann glauben, durch destruktive oder gar bösartige Kommentare glänzen zu müssen, wenn es anderen Menschen schlecht geht.

Sich selbst einzugestehen, dass etwas falsch läuft oder sich negativen Entwicklungen nicht wirksam entgegenzustellen, kann ein sehr schmerzhafter Prozess sein und darüber offen zu sprechen, braucht Mut. Mut, der häufig fehlt, weil das eigene Ego und das Selbstwertgefühl ohnehin durch die Adipositaserkrankung gelitten haben und meist immer noch leiden. Aber auch abwertende Reaktionen und Kommentare von anderen Patienten tragen meiner Ansicht nach mit dazu bei, dass sich viele gar nicht erst trauen, über Sorgen, Schwierigkeiten oder sogar Scheitern zu sprechen. Dabei sollte doch gerade bei dieser Gruppe das Verständnis für die Krankheit und die Schwierigkeiten anderer Betroffener am größten sein.

Patienten profitieren besonders davon, wenn sie uns zeitnah kontaktieren, weil etwas in der Therapie scheinbar nicht funktioniert oder sie Rückschläge oder auch nur Phasen der Stagnation erleben.

Ich würde mich freuen, wenn es uns noch mehr gelingen würde, denen eine stärkere Stimme zu geben, die unseren Zuspruch und tatkräftige Hilfe am dringendsten benötigen, weil es ihnen gerade nicht so gut geht. Dies gilt in der Praxis genauso wie im Netz!

Ihr Dr. med. Min-Seop Son

Dr.med. Min Seop Son

Stellvertretender Leiter der AMC-WolfartKlinik,
Zentrum für Adipositas- und metabolische Chirurgie


Beitragsfoto: © Sophie Janotta/Pixabay

Kommentare (3)

  1. Hallo ich bin seit Januar 2020 mit einem omega loop operiert und habe seitdem erst 17 Kilo abgenommen. Mein Ausgangsgewicht lag bei 119.5 und es geht wirklich langsam oder fast garnichts runter. Es belastet mich schon sehr, da ich eigentlich ein sehr motivierter und positiver Mensch bin. Meine diabetes ist besser geworden, aber ich habe extrem Angst, daß ich auf meinem Gewicht sitzen bleibe. Ich kann teilweise keine vorher nachher Bilder anschauen, weil mich das belastet, dass es bei mir nicht so klappt wie gedacht. Ich hoffe das war es noch nicht.

  2. Mein Bypass war 12/07. er funktionierte fast 4 Jahre gut. Das daraus ein vollkommener Rückbau und Neuanlage zum BPD und viele andere OPs noch folgen mussten , war nicht voraus zusehen.Ich habe nie die Nachsorge versäumt oder Supplemente vernachlässigt. Mängel gibts öfter mal und es gab Komplikationen wie Pylorusspasmus mit Teilatonie. Es entwickelte sich ein Sigma elongatum. Es gab BlindLoops, Hiatushernie, akute Galle, Pankreatitis,Colitis ulcerosa, Dumpings, die sich nicht beherrschen ließen. Ich bereue trotzdem die OP nicht. Blutdruck ist normal und Diabetes ist seit 12 Jahren in Remision. Ich kann wieder laufen, mich bewegen, bin sehr aktiv. Die OPs haben mich nicht zu sehr belastet, ich war immer schnell fit danach. Ich möchte nicht mehr 164,5 Kg wiegen. Ich war sehr krank auf 63 runter und bewege mich jetzt mit dem Gewicht bei c.86kg. Lg Elke aus Halle betreut in Großhadern.

    • Vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht. Sicher zeigen die von Ihnen geschilderten Erfahrungen, dass bariatrische Eingriffe auch immer mit Komplikationen einhergehen können. Dies sollte auch immer kommuniziert werden.

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