Adipositaschirurgie in Deutschland am Scheideweg?

Adipositaschirurgie in Deutschland am Scheideweg?

Warum Interdisziplinäre Therapie in der Adipositasbehandlung oft (noch) nicht funktioniert und weshalb sich das ändern muss! Als Adipositaspatient und ShG-Leiter habe ich Sorge vor gewissen Entwicklungen und Tendenzen in der Adipositaschirurgie.

Ein Beitrag von Faris Abu-Naaj

Seit Jahren führe ich gemeinsam mit Roberta Englert und Mihaela Savu jeweils Selbsthilfegruppen in Frankfurt und München. Ich möchte hier aus Sicht von mir als Patient und Leiter von Adipositas-Selbsthilfegruppen über negative Entwicklungen im Bereich der Adipositaschirurgie sprechen.
Meiner Ansicht nach sollten nicht nur die Sichtweisen von Ärzten, Kassen oder Fachgesellschaften eine Relevanz haben, sondern diese können auch in hohem Maße von den gesammelten Erfahrungen und dem bundesweiten Austausch der Betroffenen profitieren – insbesondere dann, wenn es darum geht, einzelne negative Entwicklungen zu erkennen und zu vermeiden.

Auf fast jeder Webseite und in vielen Broschüren von Adipositaszentren ist von einem Interdisziplinären Therapiekonzept oder Interdisziplinären Behandlungsteams die Rede. Dieses Konzept, das sich in immer mehr Medizinbereichen etabliert, bietet sowohl im Bereich der Diagnostik als auch bei der Therapie für Patienten einen hohen Mehrwert. Und gerade bei komplexen Krankheitsbildern kann dieses Behandlungskonzept die Chancen auf Heilung bzw. einen nachhaltigen Therapieerfolg deutlich steigern.

Auf dem Papier klingt das Konzept recht simpel:

Mediziner und Therapeuten unterschiedlichster Fachrichtungen und Bereiche tauschen sich bei der Diagnostik und Therapie intensiv aus und entwickeln daraus gemeinsam eine individuelle Therapiestrategie für die Patienten. Eine Strategie, die sich an der individuellen Lebens- und Gesundheitssituation der Betroffenen orientiert und dabei Art und Schwere der Krankheit berücksichtigt. Dabei werden meist unterschiedliche Diagnose- und Therapieoptionen geprüft und besprochen und häufig auch miteinander kombiniert.

Was jedoch in der Krebstherapie oder bei Multipler Sklerose (MS) in vielen Fällen schon gut funktioniert, scheint in der Adipositastherapie noch in einigen Häusern nicht wirklich konsequent umgesetzt zu werden und dies hat mehrere Gründe:

  • Interdisziplinäre Therapieformen kosten (erstmal) mehr Geld und Zeit und werden in der Regel von den Kassen nicht oder nur teilweise vergütet. (Eine Ausnahme bilden hier individuelle Versorgungsverträge mit den Kassen oder das Projekt ACHT.)
  • Es besteht keine einheitliche, abgestimmte Vorgehensweise der Adipositaszentren untereinander und leider nutzen einige Zentren eine ohne große Vorbereitung durchgeführte OP als „Marketingtool“, um Patienten eine vermeintlich schnelle und bequeme Lösung anzubieten.

Verantwortliche gibt es viele und auch, wenn es häufig nicht offen ausgesprochen wird oder wir es uns nicht trauen zu sagen, sind es manchmal auch die Patienten:

Die meisten Betroffenen, die ein Adipositaszentrum aufsuchen, haben bereits einen langen Leidensweg hinter sich, der gekennzeichnet ist von unzähligen gescheiterten Abnehmversuchen, sozialer Missachtung und damit verbundenen enormen gesundheitlichen und psychischen Belastungen sowie auch beruflichen Nachteilen. Viele dieser Menschen suchen deshalb ein Zentrum auf, mit der vorgefertigten Meinung, dass nur noch die OP helfen kann und diese umgesetzt werden muss -und das möglichst schnell!!!

Ein ergebnisoffener und konstruktiver Dialog zwischen Zentrum und Patient ist da schon oft nicht mehr möglich, denn selbst, wenn es andere Therapieoptionen gäbe, die zielführend sein könnten, werden diese gar nicht mehr in Betracht gezogen – zu groß ist die Angst, wieder zu versagen und weiterhin wertvolle Lebenszeit zu verlieren.

Und auch die sozialen Netzwerke sorgen dafür, dass Patienten manchmal die chirurgische Option mit vollkommen übertriebenen Erwartungshaltungen und Vorstellungen bewerten und andere konservative Therapieoptionen pauschal ablehnen.

Auch in der Gruppe „Adipositas Chirurgie – Fragen und Antworten“, die ich als einer der Administratoren betreue, passiert dies laufend, und zwar in einer Absolutheit, die mir manchmal Angst macht. Tausende Patienten posieren vor Spiegeln, Fitnessgeräten oder auf Waagen und kommunizieren ein verklärtes Bild, das häufig nach dem Schema abläuft:„Früher habe ich alles versucht und es nicht geschafft; dann habe ich mich operieren lassen und jetzt ist alles gut!“ #NewLife #Leben 2.0 # NeverGiveUp usw.

Der OP-Eingriff wird als einzige Lösung gepriesen und eventuelle Nachteile werden dabei völlig außen vor gelassen. Der momentan große Abnehmerfolg wird präsentiert und hierbei oft übersehen, dass nach der OP nicht alles für immer gut ist, sondern dass es sich hier nur um eine Momentaufnahme im Kampf gegen eine lebensbedrohende und vor allem chronische Erkrankung handelt.
Die Adipositas ist ein komplexes Krankheitsbild, das in der Diagnostik, der Therapie und der lebenslang notwendigen Nachsorge deshalb eines interdisziplinären Therapiekonzeptes bedarf.

Im Vergleich zur scheinbar schnellen und einfachen Lösung durch eine OP werden leider von einigen Adipositaspatienten die hier unerlässlichen Vorbereitungskurse, Ernährungsberatungen oder Gespräche mit Psychologen als lästig und nicht zwingend notwendig gesehen. Und so wird dann im Internet und in den sozialen Netzwerken nach Zentren Ausschau gehalten, die auf die vermeintlich unnötige Vorbereitungsphase oder unterstützende konservative Therapieangebote teilweise oder gänzlich verzichten, und leider werden sie dabei oft fündig und kehren deshalb ihrem – nach medizinischer Evidenz handelnden und therapeutisch breit aufgestellten – Zentrum den Rücken
.
Deshalb tragen leider auch viele Patienten mit dafür die Verantwortung, dass solche Zentren großen Erfolg haben, die ein interdisziplinäres Therapiekonzept nur auf der Webseite propagieren, statt es auch tatsächlich anzubieten und mit den Patienten umzusetzen. Für diese Menschen scheint ein schnellerer zeitlicher Ablauf wichtiger zu sein, als ein gutes und therapeutisch breit aufgestelltes Therapiekonzept zu erhalten.

Eine weitere, große Verantwortung haben die Mediziner:

Auch wenn Patienten das Zentrum mit einer bereits vorgefassten Therapieerwartung aufsuchen, so tragen auch die Mediziner mit die Verantwortung dafür, ob in ihrem Zentrum ein interdisziplinäres Konzept nur in der Außendarstellung kommuniziert oder wirklich umgesetzt wird.

Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die Situation der Zentren und der Zentrumsleitungen nicht verbessert hat. Der wirtschaftliche Druck von Seiten der Krankenhausleitungen und Kostenstellen steigt. Immer mehr Krankenhäuser versuchen, in der bariatrischen bzw. metabolischen Chirurgie Fuß zu fassen, und das führt zu einem stärkeren Wettbewerb. Allein in den letzten 4 Jahren ist die Zahl der von der DGAV bzw. CAADIP zertifizierten Adipositaszentren von 56 auf 88 gestiegen (Webseite der DGAV, Stand 08.09.2020). Zudem gibt es zusätzlich Dutzende nicht zertifizierter Adressen, die im Bereich der Adipositaschirurgie aktiv sind.

Die Konkurrenz führt natürlich zu einem Kostendruck, der es den Chirurgen nicht einfacher macht, konservative Therapiestrategien wie die Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie in die OP-Vorbereitung und -Nachsorge zu integrieren. Hier werden dadurch natürlich zusätzliche Kosten generiert, die oftmals aber von den Kassen nicht übernommen werden und die viele Patienten selbst nicht in der Lage sind zu bezahlen.

Seriöses und evidenzbasiertes Handeln kostet in zweierlei Hinsicht Geld:

  • Im Bereitstellen der therapeutischen Ressourcen und des therapeutischen Angebotes
  • In der Zahl der Patienten, die sich häufig dann eine andere Adresse suchen, die einen vermeintlich kürzeren und einfacheren Weg zur OP propagiert

Einen immer größeren Anteil daran, dass häufig eine bundesweit leitliniengerechte, interdisziplinäre Therapie vor und nach einer OP nicht stattfindet, haben deshalb auch im besonderen Maße die schwarzen Schafe:

Das frühere Handeln in der bariatrischen Szene war zumindest eine Zeitlang geprägt von einem einheitlichen Prozedere bei der Antragsstellung, welches die Durchführung eines sogenannten „Multimodalen Konzeptes“ erforderte. Dies bestand im Wesentlichen in der Durchführung von 6 Ernährungsberatungen, einem psychologischen, endokrinologischen und chirurgischen Gutachten, dem Nachweis von regelmäßigen Bewegungs- und Sportaktivitäten und dem Ausschluss von sogenannten Kontraindikationen.

In der Regel verlief die Durchführung dieser Maßnahmen in einem zeitlichen Rahmen von 6 bis 7 Monaten und es erfolgte dann die Antragsstellung an die Krankenkasse zur Kostenübernahme eines bariatrischen Eingriffes. Für viele Patienten war die Zeit zwischen der Antragsstellung und der Entscheidung der Kasse geprägt von Nervosität und Angst vor der Ablehnung. Oft kam es auch von Seiten der Kassen zu teilweise absurden Ablehnungsbegründungen und Entscheidungen, die eher am Roulettetisch getroffen zu werden schienen als auf Basis medizinischen Wissens und der aktuellen gesundheitlichen Situation der Betroffenen. Was folgte, war meist ein jahrelanger Kampf bei Sozialgerichten mit ungewissem Ausgang und eine sich weiter verschlechternde Gewichts- und Gesundheitssituation der Patienten.

Insofern begrüße ich die Entscheidung vieler Kliniken und Zentren, auf das Prozedere der Antragsstellung zu verzichten – schafft es doch für uns Patienten die Sicherheit, dass dann die erhoffte OP durchgeführt wird, wenn die auf Basis der Leitlinien (S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen) definierten Therapieziele während der Durchführung einer multimodalen Therapie nicht erreicht wurden.
Dennoch sollten ALLE Adipositaszentren eine einheitliche und transparente Therapiestrategie umsetzen, die sowohl eine leitlinienkonforme OP-Vorbereitung als auch die Durchführung einer OP und die bariatrische Nachsorge gewährleistet.
Leider scheinen das einige Zentren nicht so zu sehen und ich erlebe es zurzeit immer wieder, dass es Adipositaspatienten schaffen, durch den Zentrumswechsel und „Empfehlungen“ im Netz wichtige und sinnvolle Vorbereitungs- und Therapiemaßnahmen im Vorfeld einer OP zu umgehen und so innerhalb weniger Wochen die ersehnte OP zu verwirklichen. Teilweise liegen zwischen dem Erstgespräch und dem OP-Termin nur einige Wochen.

Leidtragende der „Guerilla-Strategie“ einiger weniger Behandlungsadressen sind die Zentren und Mediziner, die verantwortungsvoll, strukturiert und auf Basis der etablierten und evidenzbasierten Leitlinie handeln. Sie können oft trotz größter Bemühungen vielen ihrer Patienten nicht vermitteln, warum all die wichtigen und notwendigen therapeutischen Maßnahmen im Vorfeld und nach einer OP in ihrem Zentrum gelten – in einem anderen aber scheinbar vernachlässigt oder ignoriert werden.
Leidtragende sind aber auch viele Patienten, deren persönliche Schilderungen, Posts, Kommentare und Nachrichten mich und viele andere ShG-Leiter oder Admins von Facebook-Gruppen erreichen und die verheerende Wissensdefizite im Bereich der sinnvollen OP-Vorbereitung, der Ernährung kurz-, mittel- und langfristig und der (nach einem bariatrischen Eingriff) notwendigen Supplementierung offenbaren.
Erschreckend für mich ist die Tatsache, dass hier immer wieder dieselben Zentren genannt werden.

Leidtragend ist aber auch die ganze seriös und kompetent agierende Fachrichtung der Adipositaschirurgie, die durch die Vorgehensweise einzelner Zentren mit der Durchführung von „Blitz-OPs“, der Vernachlässigung eines leitliniengerechten Therapiepfades und fehlenden Nachsorgekonzepten den Kritikern aus z.B. anderen medizinischen Fachrichtungen, aber auch einzelnen Kassenvertretern in die Hände spielen. Leider werden solch negative Therapieverläufe genutzt, um manchmal ein pauschales und unfaires Urteil über eine nachweislich wirksame und mittlerweile etablierte Therapieoption im Kampf gegen die Adipositaserkrankung zu fällen. Hier sind meines Erachtens die Zentren, Fachgesellschaften und Verbände gefordert, ein System zu etablieren, welches einheitlich Gültigkeit hat und das umgesetzt werden muss. Ein System, dem es gelingt, ein hohes Maß an Transparenz zu schaffen und die Stellen sanktioniert, die sich nicht an strukturierte und bewährte Vorgehensweisen und interdisziplinäre Therapieauflagen halten.

Die Zahl der bariatrischen Operationen ist stark steigend und wird in den kommenden Jahren sicher noch weiter ansteigen, denn die Zahl der massiv adipösen Menschen und damit der Adipositaspatienten wächst. Tausende Betroffene profitieren jedes Jahr von einer Schlauchmagen- oder Magenbypass-Operation und für viele bedeutet dies einen wichtigen Schritt in ein leichteres und gesünderes Leben und das Ende eines langen Leidensweges. Dennoch gibt es aus meiner Sicht auch falsche Tendenzen und Trends.

Vier wichtige Punkte, die sich – meiner Ansicht nach – ändern müssen:

  • Die Qualität in der Therapie muss bundesweit auf einem einheitlichen, hohen Niveau stattfinden und es müssen Regularien etabliert werden, die Zentren sanktionieren, die sich nicht an diese Vorgaben halten.
  • Adipositaspatienten muss – sowohl bei ShG-Treffen aber auch im Internet – deutlicher aufgezeigt werden, dass eine gute und etablierte OP-Vorbereitung und das Einbinden konservativer Therapiemodule, sowohl vor wie nach der OP, keine Hürde sondern eine Chance für den nachhaltigen Therapieerfolg darstellen. Hier leisten ShG-Gruppen- und Verbände bereits viel, könnten aber ihre Aktivitäten (in einigen Bereichen) noch intensivieren und da nehme ich mich nicht raus!
  • Kassen müssen sämtliche prä- und postoperative, leitliniengerechte Therapieangebote vollständig übernehmen und dürfen nicht einzelnen Adipositaszentren durch individuell ausgehandelte Verträge einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
  • Adipositaszentren müssen allen operierten Patienten eine lebenslange Nachsorge garantieren. Die Nachsorgequote sollte noch stärker reglementiert und kontrolliert werden. Auch wenn die Zertifizierungsrichtlinien schon eine gute Maßnahme darstellen.

Fazit:

Es gibt viele hochqualifizierte und gut organisierte Zentren in Deutschland, die gute Arbeit leisten und viel Geld und Mühe in die Bereitstellung eines breiten, interdisziplinären Therapieangebotes investieren. Sie richten sich nach den S3-Leitlinien und behandeln Patienten mittels eines gut strukturierten Therapiepfades. Dennoch scheinen einzelne Zentren in hohem Maße davon zu profitieren, dass sie dies eben nicht tun – zum Leidwesen der Patienten und ihrer eigenen Kollegen.
Diese Entwicklung muss gestoppt werden, denn sonst – davon bin ich überzeugt – wird die Zahl der Redo- und Reversionseingriffe weiter steigen, werden die Langzeitkomplikationen durch Mangelversorgung weiter zunehmen und die bariatrische bzw. metabolische Chirurgie einen Teil ihrer hart erkämpften Reputation wieder verlieren.

Ich bin gespannt auf Eure/Ihre Sichtweise zu meinen Meinungen und Erfahrungen. Außerdem würde mich interessieren, welche Erfahrungen Ihr mit einem interdisziplinären Therapiekonzept sammeln konntet und wie zufrieden Ihr mit der Op Vorbereitung und der bariatrischen Nachsorge seid. Hier wären natürlich auch die Meinungen und Erfahrungen der Mediziner und ShG-Leiter zu der hier angesprochenen Thematik interessant.

Ihr

Faris Abu-Naaj

Faris Abu-Naaj


Beitragsfoto: © Frank Adelhardt & CANVA
Autorenfoto: © Frank Adelhardt

Kommentare (12)

  1. Ein toller Post mit den definitiv richtigen Ansätzen. Dankeschön

    Was mir in unserer Gesellschaft fehlt, ist das Wissen bei den Hausärzten. Da ist meine Erfahrung bei meiner Hausärztin (ich war 10 Jahre ihre Patientin) so negativ geprägt, dass mir wirklich Zweifel am hippokratischen Eid kamen. Mir wurde das Gefühl vermittelt, ich sei ein Produkt, mit dem sich Geld verdienen lässt. Aber nicht mehr nach der bariatrischen OP.
    Ich hab daraufhin den HA gewechselt und bin über diese Entscheidung mehr als glücklich, da er mich voll unterstützt und bereits diverse Patienten auf dem Weg zur und nach ihrer OP begleitet.

    Ich habe sich gelernt, dass allein die Vorbereitung auf die OP absolut unabdingbar ist. So viele sind mir begegnet, die keine wirkliche Vorbereitung machen mussten. Befreiung vom Sport, nur einmal EB. Und dann kommen die Fragen „Wo drin ist denn Eiweiß außer im Ei?“ „Wie kommt denn Zucker in Früchte?“ und „Ab wann kann ich wieder Pizza und Burger essen?“
    Das finde ich erschreckend. Und – auch wenn das von mir zu brutal klingt – diese Menschen sollte bei so geringem Wissen nicht operiert werden.
    Meine EB ist leider eine ziemliche Katastrophe und beantwortet mir keinerlei Fragen zur Ernährung NACH der OP. Dazu würden wir noch kommen – naja, einen Termin haben wir noch…

    Wenn das eine Art der Kundenbindung sein soll – leider völlig versagt.

    Es besteht also noch an vielen Stellen Nachbesserungsbedarf. Und es fehlt an einer Vereinheitlichung der Vorgänge in den AZ. Dort werden noch zu viele eigene Süppchen gebraut.

    • Vielen Dank für Dein Feedback mit vielen wichtigen Punkten. Grundsätzlich sollte bereits im Medizinstudium der Focus auf die Adipositas und die Adipositastherapie intensiviert werden. Auch die schwierige Situation der Patienten sollte thematisiert werden. Die Einbindung eines engagierten und qualifizierten Hausarztes ist sicher ein wichtiger Schritt. Leider fehlt es an Transparenz, die es Patienten ermöglicht eine solche Adresse immer zu finden. Ähnlich verhält es sich im Bereich der Ernährungs- und Verhaltenstherapie. Einige Adressen verfügen über diese Kompetenz und Erfahrung (in der Vor und Nachsorge), andere leider nicht. Auch Deine Einschätzung im bereich der Adipositaszentren teile ich, es sollten hohe qualitative Standarts im Bereich der OP Vorbereitung und Nachsorge für ALLE Zentren gelten. Hier scheint es noch große Qualitätsunterschiede zu geben. Danke für Deinen Beitrag hier. Gruß Faris Abu-Naaj

    • Mich würde einmal interessieren was gehört alles bei einer Nachsotgeuntersuchung dazu. Von der OP Seite bin ich mit meinem AZ sehr zufrieden aber mit der Nachsorgeim sehr unglücklich

      • Auch dies ist eigentlich in den von mir häufig erwähnten S3-Leitlinien klar definiert :
        Art und Umfang der Nachsorge:
        Kontrolle der Gewichtsentwicklung, Anpassung der Medikation bei Begleiterkrankungen, Beurteilung des Essverhaltens und entsprechende Beratung, Ermunterung zur sportlichen Aktivität, Kontrolle der Durchführung einer Supplementation zur Prophylaxe von
        Mangelerscheinungen infolge Fehlernährung oder bei Malabsorption, Laborkontrollen, Screening psychischer Erkrankungen, Erkennen von Komplikationen und Einleitung entsprechender Interventionen oder
        Indikationsstellung für nötige / empfohlene weitere Operationen, Ermunterung zur Teilnahme an Selbsthilfegruppen, Aufklärung zur Vermeidung einer Schwangerschaft bei prämenopausalen Frauen in den ersten zwei Jahren
        Für die Laborkontrolle gelten folgende Empfehlungen:
        Kleines Blutbild und Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte, Blutzucker und HbA1c (nur bei Diabetikern), Vitamine B1, B12, Albumin, Kalzium, Folsäure, Ferritin. Bei allen Bypassverfahren: 25(OH) D3, Parathormon, Vitamin A, Bei distalen Bypässen: Zink, Kupfer, Selen, Magnesium
        Auch betreffend der Untersuchungsintervalle, geben die Leitlinien empfehlungen:
        Nach allen adipositaschirurgischen / metabolischen Eingriffen (außer Magenband /
        Bandanpassungen siehe da) sollen zu folgenden Zeitpunkten eine Nachsorgeuntersuchung
        erfolgen: nach einem, drei, sechs, zwölf, 18, 24 Monaten und dann jährlich. Laborkontrollen sollen nach sechs und zwölf Monaten erfolgen, dann jährlich in Abhängigkeit von Operation und Ko-Morbidität.
        Im Zentrum für Adipositas und Metabolische Chirurgie in München Gräfelfing, erfolgen weitere Untersuchungen wie eine Knochendichtemessung (in regelmäßigen Abständen). Weitere Nachsorgeuntersuchungen werden individuell mit dem Patienten abgestimmt.
        Hoffe ich konnte helfen. Viele Grüße Faris Abu-Naaj

  2. Hut ab das du schreibst was von vielen von uns als Kätzerei bezeichnet wird ! Ehrlich ohne die rosarote Brille , und kompetent !
    es ist erschreckend wie viele nichtmal wissen was anatomisch gemacht wird – geschweige denn was für Auswirkungen diese Op
    hat und was wirklich erreichbar ist ! Ich lies mich auch leider von ner verkaufsorientierten SHG präsentieren als postives Beispiel , als ich erste kritische Äußerungen machte aollte ich mich dort nicht mehr blicken lassen ! Da ich leider mitbekam wie extrem dort gegenüber den KK gelogen und betrogen wird begann ich hinter die Kullisen zu schauen und musdte letztendlich feststellen die Dicken sind ein dickes Geschäft und wenn AZ da sind die maximal betrügen , haben diese mehr Ops wie die ehrlichen und korrekten ! Leider !
    Mach so weiter !!!

    • Es tut mir leid, dass Du so-etwas erlebt hast, aber vielleicht versuchst Du es mal mit einer anderen ShG. Wie beschrieben gibt es auch viele gute Adressen und sehr kompetente und gute Selbsthilfegruppen. Liebe Grüße Faris Abu-Naaj

  3. Du solltest auch differenzieren. Es gibt Kliniken ,die relativ schnell operieren , ja. Aber auch diese richten sich voll nach den S3 Leitlinien ,in dem sie Patienten ohne MMK und Kassenzusage als Primärindikation operieren. Diese Betroffenen müssen entsprechende Compliance mitbringen. Voraussetzung ist auch,das eine psychologische Begutachtung vorliegt, das ein Labor vom Endokrinologen erfolgte und eine Ernährungsberatung anfing. Eine ausführliche Aufklärung und der Hinweis auf SHG Besuch ist dort zwingend und eine Nachsorge besteht. Bitte auch dies immer mit berichten, denn Primärindikation wird genau beschrieben

    • Die so genannte Primärindikation kann sicher unter gewissen (strengen) Auflagen mal sinnvoll sein und Ich gebe Dir Recht , dass es Zentren gibt, die auf die Antragstellung verzichten ,jedoch dennoch streng, konform der Leitlinien handeln (Das AMC ist eines davon) . Dennoch gibt es leider einige wenige Adressen die auch schon bei einem niedrigeren BMI eine schnelle OP propagieren. Auch erreichen uns in der Gruppe immer wieder Anfragen -von Patienten- die nach Adressen suchen die auf eine ausführliche OP Vorbereitung verzichten. Aber sicher hast Du Recht , dass hier differenziert werden muss, aber ich denke wir haben auch darauf hingewiesen, dass es viele seriöse und gute Adressen gibt. Danke für Deinen wichtigen Kommentar. Gruß Faris Abu-Naaj

  4. Mit vielen Sachen ist mir aus der Seele gesprochen. Ich habe mich über 6 Jahre mit dem Thema bariatrische OP ja oder nein beschäftigt. Hatte bedingt durch Wohnortwechsel Einblick in 3 Zentren wobei eines nicht zertifiziert war. Schlussendlich bin ich am 23.09. In Sachsenhausen operiert worden. Ich bin dort sowas von gut versorgt und betreut worden egal ob Ärzte oder Pflegepersonal . Für mich war meine lange Vorbereitungsphase sehr gut ich wusste was auf mich zu kam und auch wie ich mich zu verhalten hatte.

    Die erwähnte Sache mit den Gutachten etc. Habe ich auch alles erledigt allerdings hätte ich wahrscheinlich Diskussionen mit der Kasse bekommen wegen dem Bewegungstagebuch. Vielen anderen wird es ähnlich gehen denn bewegen war vor lauter Schmerzen nicht möglich und so war ich in einem Hamsterrad gefangen.
    Es wäre sicherlich hilfreich wenn es einheitliche Regeln bzw. Voraussetzungen geben würde für solche OP’s und auch die Lobby der adipositas Erkrankten angesehener würde denn das Verhalten uns adipösen Menschen gegenüber ist oftmals mehr als diskriminierend. Zu den SHG möchte ich kurz auch noch etwas sagen der Kommentar ist bitte nicht zu verallgemeinern ich rede nur von denen die ich kennengelernt habe. Dazu gehören die, die meinen alles zu wissen und die Teilnehmer als Marionetten versuchen zu benutzen und dann sind da auch noch die die es alleine auf die Beine stellen den Teilnehmern vorgefertigte Anschreiben für die Kasse etc. Zur verfügung stellen und Stempel für die Anwesenheit verteilen. Bei beiden Formaten fühle ich mich in keinster Weise aufgehoben. Auch hier wäre eine klare einheitliche Linie sehr sinnvoll.
    Ich werde versuchen zu der nächsten SHG nach Sachsenhausen zu kommen vielleicht könntest du mir den Termin mitteilen

    • Ich bin jeden 1. und 3. Montag im Monat in der ShG meist von 16 Uhr bis 18 Uhr. Am 1. Montag im Monat leite ich die ShG Afterwork, die sich von 18 Uhr bis 19 Uhr im Krankenhaus trifft. Gruß Faris Abu-Naaj

  5. Ich bin da völlig Ihrer Meinung. Die FB Gruppe ist teilweise erschrecken und setzt auch unter Druck. Der Fokus liegt für mich viel zu sehr auf „schlank und schön“, als auf das Wohlfühlgewicht. Viele werden es nicht schaffen, normalgewichtig zu werden aufgrund ihres hohen Ausgangsgewichts. Dann sind die bekannten Versagensgefühlt wieder da, obwohl sich die Gesundheit drastisch verbessert hat.Ich bin noch nicht operiert und stand dem Ganzen lange Zeit sehr kritisch gegenüber, hab es aber letzten Endes nicht anders geschafft. Daher bin ich nun im MMK an einem Exzellenzzentrum. Ist es gut dort? Teilweise. Die EB ist gut organisiert. Nicht so gut finde ich, dass die VT als Gruppe im Anschluss dort stattfindet. Ich fühle mich in meiner Gruppe nicht allzu wohl. Die Ärzte hab ich nun auch kennengelernt, da ich mich bewusst für die Magenspiegelung im AZ entschieden habe (mit viel Gegenwind von der Hausärztin, hier gibt es auch vieeeeel Nachholfbedarf an Aufklärung)., eben um mal die Station und die Ärzte kennenzulernen. Ich fühle mich nun sicherer dort, wobei ich auch nicht alle Ärzte gut fand und teilweise schon das „Zeigefingergefühl“ hatte (bei meiner Zimmernachbarin, die gerade frisch operiert war und kein Wort Deutsch sprach. Hier fragte ich mich tatsächlich, ob das so sinnvoll war….). Auch von ärztlicher Seite kam da Unverständnis, warum ich zu Spiegelung ins KH gegangen bin. Dass ich 6 Monate ins MMK musste, hab ich mir selbst so gewünscht (BMI von 54). Ich nehme mir lieber die Zeit und ich brauche sie. Für mich ist es okay in der Klinik, in der ich bin. Ich bin allerdings ein eher überinformierter Mensch und erlebe viele Menschen in der EB Gruppe, die noch von nichts eine Ahnung haben. Ich weiß ehrlich nicht, ob es dann reicht. Es ist alles super organisiert, aber es ist auch eine Art „Maschinerie“ ohne wirklich persönliche Ansprechpartner. Beim Erstgespräch wurde z.B. gar nicht mehr gefragt, ob für mich die OP überhaupt infrage kommt, davon wurde schon ausgegangen. Das hat durchaus etwas mit mir gemacht. Menschen, die dafür in die Türkei oder so fliegen oder sich nicht vorbereiten wollen, kann ich nicht verstehen, sehe aber auch, dass der Trend deutlich dahin geht. Bei mir bleibt im Moment Druck, der nicht gut ist, weil er ein Teil dessen ist, warum ich zugenommen habe. Wahrscheinlich werde ich aus der FB Gruppe rausgehen. Aufgrund von Corona gibt es jedoch kaum Alternativen momentan. Ich finde wohl weiter meinen eigenen Weg und genau dazu ist das MMK vermutlich wichtig. Zu gucken, was bei einem selbst funktioniert und wo die Knackpunkte sind, die leider nicht mit einer OP einfach so verschwinden werden. Vielen Dank für Ihren Einsatz!

    • Vielen Dank für Ihren Kommentar, der sicher viele wichtige Punkte enthält. Ich bin ja einer der Administratoren der Facebookgruppe und – wie Sie meinem Blog entnehmen können – sehe ich auch einige dieser Entwicklungen mit Sorge. Dennoch gibt es auch einige gute und wichtige Beiträge. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem persönlichen Kampf, gegen diese chronische Erkrankung . Viele Grüße Faris Abu-Naaj

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