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Komplikationen nach bariatrischen Eingriffen – ein oft unterschätztes Thema!
Häufig steht der Entschluss für eine Magenbypass- oder eine Schlauchmagenoperation am Ende eines langen Leidensweges. Ein Weg, der durch gesundheitliche Probleme aber auch psychische Belastungen und erlebte Ausgrenzung gekennzeichnet ist.
Je höher dieser Leidensdruck ist, umso größer ist der Wunsch die Gewichtssituation in den Griff zu bekommen. Koste es was es wolle!
Aber genau dieses Denken ist meiner Ansicht nach falsch und kann auch gefährliche Folgen haben.
Um eins gleich am Anfang klar auszudrücken:
Für eine Vielzahl von Adipositaspatienten ist eine bariatrische Operation eine Therapiemaßnahme, die einen enormen Nutzen bietet und sowohl das Gewicht als auch die damit verbundenen Begleiterkrankungen nachhaltig verbessert. Tatsächlich ist die bariatrische Operation nachgewiesenermaßen die effektivste Therapie der hochgradigen Adipositas. Dennoch darf nicht verschwiegen werden, dass spezielle Komplikationen unmittelbar nach einer OP, aber auch nach Jahren, in einer gewissen Häufigkeit auftreten können.
Diese können ganz unterschiedlicher Natur sein:
Neben Wundheilungsstörungen und Blutungen, können auch Klammernaht-Undichtigkeiten, sogenannte Leckagen, auftreten. Wie bei jeder anderen Operation, können während einer Operation benachbarte Organe verletzt werden, was sowohl die Dauer des Eingriffs wie auch die Rate weiterer Komplikationen deutlich erhöhen kann. Auch wenn dies relativ selten auftritt, sehe ich es als meine Aufgabe an, Patienten offen darüber zu informieren.
Denn nur wer diese Probleme und Ihre Häufigkeit kennt, kann Pro und Kontra einer bariatrischen Maßnahme wirklich abschätzen.
Eine viel häufiger auftretende Komplikation stellt sich bei einigen Patienten jedoch erst Jahre nach einer Operation ein. Eine Mangelversorgung kann gravierende Folgen für die Betroffenen haben. Neben dem Eiweißmangel können dies auch Mangelerscheinungen verschiedener Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sein. Eisen, Magnesium und Kalzium aber auch Vitamin B12 und weitere Vitamine sind für viele Stoffwechselprozesse, aber auch für die Zellregeneration und das Zellwachstum unerlässlich.
Hier können nur Sie selbst das Risiko dieser Komplikationen durch zuverlässige und regelmäßige Kontrolluntersuchungen beeinflussen. Denn diese Probleme sind vermeidbar bzw. behandelbar! Patienten, die Ihre Nährstoffversorgung nicht mindestens einmal im Jahr kontrollieren, begeben sich auf dünnes Eis, mit manchmal sogar tödlichen Folgen.
Auch müssen sich Patienten, meiner Meinung nach, mit der Frage auseinandersetzen, welche alternativen Maßnahmen Sie wählen sollen, wenn Sie sich gegen eine Operation entscheiden. Denn auch ein weiterer Gewichtsanstieg und das Fortschreiten bzw. die Entstehung weiterer Begleiterkrankungen hat ein wesentlich höheres Gefahrenpotential als die hier aufgeführten OP-Risiken.
Der schlechteste Weg ist es, den Kopf in den Sand zu stecken und nichts zu unternehmen. Meist ist es die beste Entscheidung, anhand der individuellen Lebens- und Gesundheitssituation abzuwägen, ob die Operation die Methode der Wahl ist. Sollten Sie sich dagegen entscheiden oder gibt es sogar Kontraindikationen für einen Eingriff, sollten Therapiealternativen schnell und zielgerichtet umgesetzt werden.
Letztendlich sollten Sie sich mit in der Adipositastherapie erfahrenen Medizinern beraten und nicht auf pauschale Empfehlungen im Netz oder Internetportalen vertrauen.
Ihr
Min-Seop Son
Leitender Oberarzt AMC WolfartKlinik München Gräfelfing
Like den Gewinner und helft den Verlierern!
Wir sind begeistert von Vorher – Nachher Posts und liken jedes dieser Bilder hundertfach. Zurecht, denn diese Menschen haben unsere Anerkennung und Unterstützung verdient. Sie haben außergewöhnliches geleistet und können stolz sein auf den erreichten Erfolg. Aber was ist mit denen von uns, die trotz Schlauchmagen-OP oder Magenbypass Operation nicht solche positiven Ergebnisse nach einer Magen-OP erzielen, die verzweifelt, die verzweifelt nach Antworten und Lösungen suchen und die uns mitteilen, dass es ihnen wirklich schlecht geht oder sogar verzweifeln. Diese Menschen werden häufig in die Versarger-Ecke gedrängt und erfahren von uns nicht immer die Unterstützung und Beachtung, die sie brauchen um aus einer Niederlage vielleicht doch noch einen Sieg zu erlangen.
Die Adipositaschirurgie ist kein „Selbstläufer“ und ein langsamer Gewichtsverlust, aber auch ein erneuter Gewichtsanstieg kann nicht immer ausgeschlossen werden.
Die Gründe für das Scheitern immer bei den Patienten zu suchen ist falsch!
Stoffwechselveränderungen, ein nicht optimales Operationsergebnis, aber auch veränderte Lebens- und Arbeitsweisen oder aber Veränderungen in der Partnerschaft können Ursachen sein, die unseren Gewichtsverlust trotz OP deutlich beeinflussen können. Gerade in diesen Situationen brauchen diese Menschen unsere vollste Aufmerksamkeit und wir sollten alle gemeinsam dafür sorgen, dass sich diese Menschen nicht zurückgesetzt fühlen. Ich würde mir wünschen, dass wir alles daran setzen ihnen Konzepte und Strategien zu vermitteln, die dafür Sorge tragen, dass auch sie in Zukunft wieder Likes bekommen und sagen können, dass sie in ihrer Gruppe oder auch Freundes- und Verwandtenkreis die Unterstützung und Motivation erfahren haben, die ihnen den Weg aus dem Dunkel gezeigt hat.
Ähnlich wie bei einer Freundschaft erkennt man den Wert meist erst dann, wenn schwierige Wege gemeinsam überwunden werden müssen. Im diesem Sinne sollten wir Sieger liken und Verlierer durch Engagement und Verständnis zu Siegern machen!
Chirurgen brauchen keinen Quittungsblock!
Immer wieder berichten mir Patienten, dass sie bereits am Telefon aufgefordert werden, Bargeld für das Erstgespräch mitzubringen. Ich halte dies für unfair und häufig nicht seriös!
Adipositas ist eine lebensbedrohende Erkrankung – hart aber wahr! Die Krankheit selbst stellt für Patienten und Angehörigen nicht nur eine besondere seelische, sondern auch eine finanzielle Belastung dar. Adipöse Menschen verlieren aufgrund ihrer Krankheit den Job oder können wegen ihrer Gesundheits- und Gewichtssituation häufig nicht – oder nur teilweise – beruflich tätig sein. Diesen Menschen dann noch für ein Erstgespräch das Geld aus der Tasche zu ziehen, halte ich für unfair und unserem beruflichen Status nicht angemessen. Die Möglichkeit eine ärztliche Beratung bei der gesetzlichen Kasse abzurechnen, gilt auch für das Erstgespräch in der Adipositassprechstunde. Somit erfolgt eine Honorierung, die es uns ermöglicht, die Patienten kompetent und ausführlich zu beraten. Von der Erstberatung profitieren Arzt und Patienten im gleichen Maße.
Der Patient erhält wichtige Informationen über Therapiemöglichkeiten und über Ursachen und Folgen der Adipositas. Ärzte können ihr Behandlungskonzept vorstellen und der Patient gewinnt einen ersten Eindruck von der Seriosität und Kompetenz des gewählten Mediziners und der Behandlungsadresse.
Das ist der Deal und der Deal ist fair!
Mit welchem Recht sollen Patienten ihr privates Portemonnaie zücken, um diese vertrauensbildende Maßnahme zu honorieren? Ich würde mir wünschen, dass alle meine Kollegen dies ähnlich sehen und in Zukunft darauf verzichten, den ersten persönlichen Kontakt mit der Erstellung einer privaten Quittung abzuschließen. Dies haben unsere Patienten und ihr Bild von engagierten und fairen Medizinern nicht verdient!!!
Doktor Internet darf es nicht geben!
Eine bariatrische Operation ist keine Kleinigkeit. Meist resultiert die Entscheidung für eine solche Maßnahme aus einer ganzen Reihe gesundheitlicher, aber auch seelischer Verletzungen und Probleme. Die Operationsmethode sollte sehr individuell an die Lebens- und Arbeitssituation des einzelnen Patienten angepasst werden. Umso erstaunter bin ich dann, wenn Patienten zum Erstgespräch erscheinen und schon wissen, welche OP-Methode es denn sein soll. Ich als bariatrischer Chirurg mit mehr als 20-jähriger Erfahrung und Tausenden von Eingriffen kann und will die Operationsmethode nicht im ersten Gespräch festlegen. Oder um es klarer auszudrücken: Für mich ist das wie Lotto spielen.
Die Bariatrie ist ein sehr komplexes Gebiet, in dem Stoffwechselprozesse, Vor- und Begleiterkrankungen, aber auch unsere angeeignete Ernährungs- und Lebensweise erheblichen Einfluss auf die Entstehung sowie die Therapie der Adipositas haben. Ein Patient, der durch einen Schlauchmagen erheblich an Gewicht verliert, ist nicht zwingend ein Beweis dafür, dass diese Methode bei mir oder anderen Menschen genauso erfolgreich verläuft. Mit Sorge verfolge ich häufig medizinische Statements meiner Kollegen, die in öffentlichen Posts oder Kommentaren ganz unterschiedliche Behandlungsempfehlungen aussprechen, ohne den Patienten jemals persönlich gesehen zu haben. In Facebook-Gruppen oder Internetforen profitieren wir von der Kommunikation untereinander, tauschen Erfahrungen aus und können uns gegenseitig motivieren und unterstützen. Das Gespräch mit dem Arzt kann und darf dadurch trotzdem nicht ersetzt werden.
Schlauchi ist kein Kuscheltier
Keine bariatrische Operation ist eine Kleinigkeit. Die Narkose, der Eingriff selbst, aber auch die Wundheilung stellt für den Körper eine außergewöhnliche Belastung dar. Für viele meiner Patienten ist dieser Weg jedoch die einzig verbleibende Option, ihr Gewicht und damit auch die gesundheitliche Situation in den Griff zu bekommen. Trotzdem glaube ich, dass wir diese Patienten offen und ehrlich über Vorteile, aber auch die Nachteile der unterschiedlichen Methoden ausführlich informieren müssen. Bei der Schlauchmagenoperation habe ich so meine Zweifel, ob sich alle Patienten der Tragweite bewusst sind, die mit der Durchführung dieser Operation zusammenhängen. Die vollständige und nicht revidierbare Entfernung eines großen Teils des Magens, verdient meiner Ansicht nach, nicht den Namen eines Kuscheltiers. Häufig teilen mir Patienten mit, dass sie den Schlauchmagen für eine „kleine“ Operation und damit für die vermeintlich leichtere Lösung halten. Meiner Ansicht nach ein Irrglaube ! Auch diese Methode erfordert eine verantwortungsvolle und zuverlässige Nachsorge. Um es klar zu formulieren. Im Bereich der bariatrischen Chirurgie gibt es keine „Kleine Operation“. Für viele Patienten ist diese Methode eine geeignete und zielführende Behandlungsoption und wird auch von unserem Zentrum häufig durchgeführt. Dennoch haben wir Mediziner die Pflicht unsere Patienten darüber zu informieren, dass KEINER dieser Eingriffe zur Gewichtsreduzierung ein Kuschelprogramm oder etwa ein Selbstläufer ist!