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Chirurgen brauchen keinen Quittungsblock!
Immer wieder berichten mir Patienten, dass sie bereits am Telefon aufgefordert werden, Bargeld für das Erstgespräch mitzubringen. Ich halte dies für unfair und häufig nicht seriös!
Adipositas ist eine lebensbedrohende Erkrankung – hart aber wahr! Die Krankheit selbst stellt für Patienten und Angehörigen nicht nur eine besondere seelische, sondern auch eine finanzielle Belastung dar. Adipöse Menschen verlieren aufgrund ihrer Krankheit den Job oder können wegen ihrer Gesundheits- und Gewichtssituation häufig nicht – oder nur teilweise – beruflich tätig sein. Diesen Menschen dann noch für ein Erstgespräch das Geld aus der Tasche zu ziehen, halte ich für unfair und unserem beruflichen Status nicht angemessen. Die Möglichkeit eine ärztliche Beratung bei der gesetzlichen Kasse abzurechnen, gilt auch für das Erstgespräch in der Adipositassprechstunde. Somit erfolgt eine Honorierung, die es uns ermöglicht, die Patienten kompetent und ausführlich zu beraten. Von der Erstberatung profitieren Arzt und Patienten im gleichen Maße.
Der Patient erhält wichtige Informationen über Therapiemöglichkeiten und über Ursachen und Folgen der Adipositas. Ärzte können ihr Behandlungskonzept vorstellen und der Patient gewinnt einen ersten Eindruck von der Seriosität und Kompetenz des gewählten Mediziners und der Behandlungsadresse.
Das ist der Deal und der Deal ist fair!
Mit welchem Recht sollen Patienten ihr privates Portemonnaie zücken, um diese vertrauensbildende Maßnahme zu honorieren? Ich würde mir wünschen, dass alle meine Kollegen dies ähnlich sehen und in Zukunft darauf verzichten, den ersten persönlichen Kontakt mit der Erstellung einer privaten Quittung abzuschließen. Dies haben unsere Patienten und ihr Bild von engagierten und fairen Medizinern nicht verdient!!!
Doktor Internet darf es nicht geben!
Eine bariatrische Operation ist keine Kleinigkeit. Meist resultiert die Entscheidung für eine solche Maßnahme aus einer ganzen Reihe gesundheitlicher, aber auch seelischer Verletzungen und Probleme. Die Operationsmethode sollte sehr individuell an die Lebens- und Arbeitssituation des einzelnen Patienten angepasst werden. Umso erstaunter bin ich dann, wenn Patienten zum Erstgespräch erscheinen und schon wissen, welche OP-Methode es denn sein soll. Ich als bariatrischer Chirurg mit mehr als 20-jähriger Erfahrung und Tausenden von Eingriffen kann und will die Operationsmethode nicht im ersten Gespräch festlegen. Oder um es klarer auszudrücken: Für mich ist das wie Lotto spielen.
Die Bariatrie ist ein sehr komplexes Gebiet, in dem Stoffwechselprozesse, Vor- und Begleiterkrankungen, aber auch unsere angeeignete Ernährungs- und Lebensweise erheblichen Einfluss auf die Entstehung sowie die Therapie der Adipositas haben. Ein Patient, der durch einen Schlauchmagen erheblich an Gewicht verliert, ist nicht zwingend ein Beweis dafür, dass diese Methode bei mir oder anderen Menschen genauso erfolgreich verläuft. Mit Sorge verfolge ich häufig medizinische Statements meiner Kollegen, die in öffentlichen Posts oder Kommentaren ganz unterschiedliche Behandlungsempfehlungen aussprechen, ohne den Patienten jemals persönlich gesehen zu haben. In Facebook-Gruppen oder Internetforen profitieren wir von der Kommunikation untereinander, tauschen Erfahrungen aus und können uns gegenseitig motivieren und unterstützen. Das Gespräch mit dem Arzt kann und darf dadurch trotzdem nicht ersetzt werden.